"Frecher" Opportunist, unglaublich anpassungs- und durchsetzungsfähig, lustig und lästig zugleich und stets misstrauisch. Wir nennen ihn deshalb mit bewunderndem Unterton lieber Spatz. Das passt besser zu ihm. Als temperamentvoller Weltbürger und Zivilisationsfolger lebt er schliesslich seit Urdenken mitten unter uns in unseren Siedlungen und führt hier in lokalen Clans ganz ungeniert und selbstsicher sein Familien- und Liebesleben.
Titelbild: Haussperling nimmt ein Bad. (Foto: Andi Meier).
Er pfeift sein schilpendes Liedlein und lärmt und prügelt sich mit seinesgleichen unüberhörbar in der Gegend herum, ob es uns passt oder nicht. Was wir über ihn denken ist ihm dabei völlig egal.
Haussperling,Siedlungsrand und der Kulturlandschaft. In der Südschweiz, im Tessin und in den Bündner Südtälern Ein Allerweltsvogel also, den alle kennen? Ja - mit einem Aber. Da ist eben auch noch sein Vetter - der Feldsperling.
Die beiden Verwandten sind einander zum Verwechseln ähnlich, aber nur beim schnellen Hingucken. Schaut man genauer hin, erkennt man männliche Hausspatzen an ihrer grauen Kappe und einem schwarzen Latz, der zur Brutzeit auffällig gross, zur Winterzeit aber eher verwaschen ist.
Ihre Damen sind die undefinierbare beigegräuliche Unscheinbarkeit mit hellbrauner Kappe und nur zur Brutzeit hübsch gemusterter Oberseite. Bei den Feldsperlingen hingegen lassen sich Herr und Frau Feldspatz nicht unterscheiden. Beide wirken "bunter" als die Hausspatzen, ihre Kappen und Nacken sind kräftig kastanienbraun gefärbt, und auf ihrer weissen Wange tragen sie einen schwarzen Schönheitsfleck.
Feldsperling-Paar. Bei ihnen sehen Männchen und Weibchen gleich aus. (Foto: 123rf.com).
Auch Feldsperlinge leben wie ihre Vettern in Kleintrupps, bevorzugen aber die Grenzzone zwischen dem lebt sogar noch ein dritter Verwandter, der Italiensperling. Er sieht dem Hausspatz sehr ähnlich, die Männchen tragen aber statt einer grauen eine braune Kappe. Weshalb wurde ausgerechnet der Haussperling von den Fachleuten zum Vogel des Jahres 2015 gekürt? Er trägt doch weder ein auffallend buntes Gefieder, noch ist der lebhafte Strassenmusikant
Mit seinem munteren Geschilpe ein begabter Sänger, der sich mit Amsel oder Zaunkönig messen könnte. Und ein seltener Mitbewohner ist er bei uns in der Schweiz als Nummer sieben hinter Buchfink, Tannenmeise, Mönchsgrasmücke, Rotkehlchen, Kohlmeise und Amsel auch nicht. Das ist alles richtig - und trotzdem gibt es wichtige Gründe, dass wir dem Spatz für einmal unsere ganze Aufmerksamkeit schenken.
Wenn man ihn nicht systematisch zählt, merkt man kaum, dass seine Bestände langsam und stetig abnehmen. Das ist schon seit den 80er-Jahren so und erstaunlicherweise nicht nur im dichteren Siedlungsraum sondern auch in ländlichen Gebieten.
Der Haussperling wird immer seltener.
Die Ursachen sind vielfältig, lassen sich aber hauptsächlich durch zwei menschgemachte Kernprobleme erklären: Unsere Spatzen leiden unter akuter Wohnungsnot. Und die Insektennahrung, die sie für die Aufzucht ihrer Jungen brauchen, wird je länger je mehr zur Mangelware.
Unsere modernen Bauten bieten den Spatzen eben keine Nischen und Löcher mehr, in denen sie nisten können. Und die Böden versiegeln wir im Siedlungsraum derart intensiv, dass potenzielle Nahrungsflächen verschwinden. Dazu halten wir in unseren Vorgärten die Rasen vielfach ohne Blüten und Samen kurzgeschoren. Wo sollen die Spatzen noch brüten und wo ihre Nahrung finden?
Der Haussperling hat es mit uns wirklich nicht einfach. (Peter Jascur)
Hier erfährst du welche Vögel 2018 sonst noch in Münchenstein vorkamen.
Übrigens: Wenn du dem Spatz eine Freude machen willst, dann stelle im Sommer ein Vogelbad für ihn auf.
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Ordnung: Singvögel
Familie: Sperlinge (Passeridae)
Name deutsch: Haussperling
Name volkstümlich: Spatz
Herkunft des Namens: Das Wort Sperling ist aus dem indogermanischen "spar" und dem alt-hochdeutschen "sparo" abgeleitet und bedeutet zappeln.
Name wissenschaftlich: Passer domesticus (Linnaeus, 1758)
Körpergrösse: 14-15 cm
Flügelspannweite: 21-25.5 cm
Gewicht: 15-41 g
Lebensraum: Städte und Dörfer: Gärten, Friedhöfe, Pärke; auch auf Bauernhöfen
Zugverhalten: Standvogel (Jahresvogel, der in der Regel ganzjährig in seinem Gebiet bleibt)
Nahrung: Sämereien; Insekten vor allem für die Jungenaufzucht
Jahresbruten: 2-3
Brutzeit: Ende April bis Anfang September
Gelegegrösse: 4-6 (seltener 2-8) Eier
Brutdauer: 10-14 Tage (ausnahmsweise bis 17 Tage), Männchen und Weibchen brüten
Küken: Schlüpfen blind und nackt und werden, weil sie auf die elterliche Fürsorge angewiesen sind als Nesthocker bezeichnet. Statt Dunen wachsen ihnen gleich die Federn des Jugendkleids.
Nestlingszeit: Die Jungvögel verlassen das Nest bereits gut flugfähig nach 14-16 Tagen und werden noch rund 2 Wochen von den Eltern
betreut.
Alter: In Freiheit 2-5 Jahre; Rekord in Gefangenschaft: 23 Jahre
Feinde: Katzen, Sperber, Falken , Eichhörnchen
Gefährdung: Nistplatz- und Nahrungsmangel
Verbreitung: Weltbürger
Bestand Europa: 63-130 Millionen Brutpaare (seit Jahren leicht fallend)
Bestand in der Schweiz: 0.4-0.5 Millionen Brutpaare (2008-2012)
Möchtest du diesen Bericht ausdrucken? Du findest ihn hier zum Download.
Text: Peter Jascur*
*Peter Jascur ist der Kopf hinter den "Ornithologischen Steckbriefen".
Dieses ausführliche und doch handliche Taschenlexikon stellt die 234 häufigsten in der Schweiz be-obachtbaren Vogelarten vor. In 2-seitigen Portraits vermittelt es eine Fülle von Informationen zu Bestim-mungsmerkmalen, Verbreitung, Bestand, Zugstrategie, Gefährdung, Nahrung, Stimme, Verhalten und Fort-pflanzung jeder beschriebenen Art.
Das doppelbändige Werk ist beim BNV Basellandschaftlicher Natur- und Vogelschutzverband, Liestal, erhältlich. Preis Fr. 42.- plus Porto und Verpackung.